Die Geschichte der Steingadener Wasserversorgung
Schon zu Zeiten des Klosters Steingaden bestand eine Wasserleitung über die das lebensnotwendige Trinkwasser von der schon damals bestehenden Quellfassung am Kalkofen bei Litzau, der Ort des noch heute dortigen Wasserhauses, in hölzenen Teicheln nach Steingaden ins Kloster, aber auch in den außerhalb liegenden Maierhof geleitet wurde.
Die damalige Wasserleitung war ein Stück entlang der Straße von Litzau nach Steingaden, dann über den Gagrashang direkt ins Kloster verlegt. Auch nach der Auflösung des Klosters im Jahre 1803 blieb diese ehemalige Wasserleitung noch über viele Jahre so in Betrieb.
Da in der Zeit ab 1850 in und um Steingaden viele neue Gebäude errichtet worden waren, ergab sich die Notwendigkeit auch diese Häuser mit einwandfreiem und gutem Trinkwasser zu versorgen, da damals die Wasserqualität vieler hauseigenen Brunnen recht mangelhaft war.
Im Protokoll der Gemeindeversammlung (Gemeinderat) der früheren Gemeinde Urspring vom 22. Oktober des Jahres 1876 ist folgendes zu lesen:
Bei dem anerkannten Mangel an gutem Trinkwasser bei den äußeren Häusern von Steingaden und in Anbetracht dessen, dass bei der Quelle beim Kalkofen Wasser in Überfluss sich befindet, wird beschlossen im nächsten Frühjahr eine neue Leitung zu errichten und hiezu die Vorbereitungen sofort zu treffen.
Zur Bestreitung der Auslagen sei ein verfügbarer Teil des Marktgeldes zu verwenden, die Erdarbeiten im Scharwerk von den neu Wasser Erhaltenden zu leisten, der Rest der Schuldigkeit aber im Umlagewege zu bezahlen.
Mit dem geplanten Beginn der Arbeiten an der neuen Wasserleitung schon im folgenden Frühjahr des Jahres 1877 wurde es jedoch nichts, die Gemeinderäte hatten nicht mit einem auch schon damals sehr zähen und langwierigen Genehmigungsverfahren gerechnet.
Erst im September 1878 waren die Planungs- sowie auch alle notwendigen Genehmigungsverfahren abgeschlossen, so dass nun endlich mit der Ausführung des Baus begonnen werden konnte.
Die genannte Verzögerung ergab sich auch daraus, dass eine völlig neue Trassenführung geplant worden war. Die frühere Leitung über den Gagras sollte aufgelassen werden und das Wasser in Zukunft vom Wasserhaus in Litzau hinunter zur Straße nach Wildsteig geleitet, dann weiter bis zum Ortsanfang von Steingaden und nun in zwei getrennten Ästen in den Ort geführt werden.
Eine Teilleitung ging entlang der heutigen Kissingerstraße und versorgte die Anwesen im Ortskern, die andere Teilleitung ging entlang der heutigen Ammergauerstraße und versorgte die dortigen Anwesen bis hinunter zum heutigen Gasthof Graf.
Diese Leitung wurde nachträglich noch mit einer Stichleitung hinüber zur Amtmannstraße erweitert um auch das dortige Anwesen des damaligen Bürgermeisters Mößmer mit Wasser zu versorgen!
In den Schongauer Nachrichten vom 18. September des Jahres 1878 ist folgende Anzeige zu finden:
Zur Ausführung der demnächst in Angriff zu nehmenden Wasser-versorgung für die Ortsgemeinde Steingaden werden von dieser, vorbehaltlich höherer Genehmigung, die für dieses Projekt erforderlichen Erdarbeiten in ungefähren Gesamtmessgehalt von 4800 Kubikmeter ..... vergeben.
Unternehmer haben ihre Offerte bis zum 20. September 1878 bei Bürgermeister Mößmer abzugeben.
Am 29. September 1878 wurde der Bauer Sebastian Schwarz von Graben mit dem Transport der eisernen Rohre für die Steingadener Wasserversorgung, vom Bahnhof Marktoberdorf nach Steingaden, bei einem Mindestangebot von 35 Pfennig pro Zentner betraut.
Nun kam für die Gemeinde Urspring das Problem der Bezahlung der, wie zu allen Zeiten, viel höheren Endkosten als in der Planung genannt.
Doch Gemeindeverwaltungen waren in der Beschaffung von Mitteln schon immer recht einfallsreich, wie auch in diesem Falle. So wurde ein sogenannter „Lokalbieraufschlag“ (im Volksmund auch Malzaufschlag genannt) beschlossen und auch erhoben, der im Quartal etwa 1000 Mark einbrachte.
In der Gemeindesitzung am 10. November 1878 wurde über die Höhe des zukünftigen Wasserzinses beraten. Der Beschluss lautete: Nach Fertigstellung der neuen Wasserleitung wird ein jährlicher Wasserzins in Höhe von 6 Mark für den ganzen Wassersteften (Großabnehmer), und 3 Mark für den halben Wassersteften (Kleinabnehmer) erhoben.
Zehn Jahre später war die Abwicklung der Kosten des Neubaus der Wasserleitung noch immer nicht erledigt. Zuschüsse vom Staat, oder die Erhebung von „Verbesserungsbeiträgen„ wie in heutiger Zeit üblich, waren damals noch nicht bekannt, somit musste auf anderem Wege versucht werden die noch immer bestehende Schuld von mehr als 12000 Mark endlich zu begleichen.
In der Gemeinderatssitzung vom 29. Juni 1889 wurde ein Plan zur Bereinigung der Wasserleitungsschuld in Steingaden erstellt. Neben einer Vielzahl von kleineren Aktionen wurde damals beschlossen, den Malzaufschlag weitere 5 Jahre zu erheben, eigentlich sollte ja diese „Sondersteuer“ schon im Jahre 1883 wieder beendet sein. Auch wurde festgelegt alle Pfandbriefe die aus dem Erlös des Wasserzinses gekauft worden waren und als Rücklage dienen sollten, zu verkaufen und mit diesem Betrag die Schulden abzubauen. Die tolle Erkenntnis zu diesem Schritt war die Tatsache, dass die genannten Pfandbriefe nur zu 3 ½ % verzinst wurden, jedoch für die Schulden 6 ½ % Zinsen bezahlt werden mussten!