Chronik der Schützengesellschaften in der ehemaligen Gemeinde Fronreiten 1913 - 1953

Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies I "Gut Schütz"

Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies II

Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Fronreiten

 

 

Dem Wunsch der Vorstandschaft der Schützengesellschaft Wies, die Vorgeschichte ihres Vereins die bis in das Jahr 1913 zurückreicht niederzuschreiben bin ich gerne nachgekommen. Als Grundlage dienten meine langjährigen Nachforschungen und Aufzeichnungen über das Schützenwesen in unserer Gegend.

 

So entstand diese Chronik aus den wenigen vorhandenen schriftlichen Dokumenten aus dieser Zeit, aus dem gründlichen Studium einer Vielzahl von alten Schützenscheiben, aber auch auf Grund mündlicher Überlieferung ehemaliger Schützen sowie den Erzählungen sonstiger Zeitzeugen.

 

Ein herzliches Vergelts Gott den vielen Mithelfern, die durch ihr verständnisvolles zur Verfügungstellen von Unterlagen und alten Schützenscheiben, aber auch durch ihre Geduld bei meiner oft stundenlanger Fragerei zum Entstehen dieser Schützenchronik beitrugen.

 

Es bleibt der Wunsch und die Hoffnung, daß durch noch auftauchende weitere Unterlagen diese Chronik später weiter ergänzt und vervollständigt werden kann.

 

 

 

Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies I "Gut Schütz"

 

Am 7. November 1912 übernahmen Sigismund und Karolina Moser als junges Ehepaar den Gasthof "Wieswirt" in der Wies. Zu damaliger Zeit wurden die Wirtschaften in der Wies während der Wintermonate kaum von Gästen besucht, so konnte in dieser Jahreszeit eigentlich nur bei Versammlungen und Veranstaltungen der Vereine ein notwendiger und erwünschter Geschäftsumsatz erzielt werden. Dies wußten auch die jungen Wirtsleute und so bemühten sie sich, nach dem ehemaligen "Rauchclub Wies", dem im Jahre 1908 gegründeten "Trachtenverein Wies", nun im Jahre 1913 einen weiteren Verein, den "Schützenverein Wies" zu gründen.

 

Mehrere junge Burschen konnten dafür begeistert werden und so wurde noch im Jahre 1913 mit dem Schießen begonnen. Es ist nicht mit Sicherheit festzustellen, ob noch in der Wintersaison 1912/13 geschossen wurde, im Winter 1913/14 jedoch traf man sich regelmäßig im Gasthof Moser zum Zimmerstutzenschießen.

 

Zum Schützenmeister wurde Sigismund Moser gewählt, als Schießtag wurde der Sonntagnachmittag festgelegt.

Der neue Verein gab sich den Namen Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies "Gut Schütz", die Mitgliederzahl lag um 9 Schützen.

 

Folgende Schützennamen sind noch aus dieser Zeit überliefert: Heinrich Moser, Leo Moser, Sigismund Moser, Xaver Wörle, Thadäus Kempter, Josef Kempter und Kaspar Lory.

 

Die älteste heute noch vorhandene Scheibe des Vereins wurde am 20. Februar 1914 ausgeschossen und von Leo Moser aus Schwarzenbach gewonnen.

 

Leider kam durch den Ausbruch des 1. Weltkriegs im Jahre 1914 der Schießbetrieb des jungen Vereins schon nach so kurzer Zeit völlig zum Erliegen, erst nach Ende des Krieges im Februar 1919 konnte mit dem Schießen wieder neu begonnen werden.

 

Der Verein trauerte um Josef Kempter aus der Wies und Leo Moser aus Schwarzenbach, zwei junge Schützenkameraden die nicht mehr von diesem Krieg zurückkehrten.

 

Im Jahre 1920 verließen einige Schützenkameraden den Verein und gründeten in der Wies eine zweite Schützengesellschaft. Aus diesem Grunde nannte sich der Verein zur klaren Unterscheidung und zur Verdeutlichung ihrer älteren Rechte nun

 

 

Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies 1 "Gut Schütz".

 

Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage in den Inflationsjahren bis 1923 lief der Schießbetrieb recht schleppend, erst ab 1924 wurde das Schießen wieder eifriger betrieben.

 

Die Mitgliederzahl des Vereins war bis zum Jahre 1925 erst wieder auf 8 Schützen angestiegen, wie in einem Schreiben des Schützenmeisters Moser an den Schützengau Schongau aus diesem Jahre zu lesen ist, darin meldet Sigismund Moser auch, daß der Verein bisher noch keine öffentliche Veranstaltung durchgeführt habe.

 

Damals war es jedoch allgemein üblich, auch die Wirtin, die Kellnerin oder auch andere anwesende spendable Gäste auf die Ehrenscheibe mitschießen zu lassen.

 

Erst im folgenden Jahr sind einige neue Namen von Schützen verzeichnet: Jakob Eckel, Dr. Otto Halter, Franz Bauer und Peter Sock.

 

In dieser Zeit, wurde jeweils als Höhepunkt der jährlichen Schießsaison, am 31. Dezember ein großes Silvesterschießen ausgetragen. Dazu mußte jeder Schütze einen Preis geben, zusätzlich wurden mehrere dem Verein gestiftete Scheiben ausgeschossen. Besonders begehrt waren stets die von Dr. Halter gestifteten handgemalten Scheiben. Noch heute sind viele dieser Schützenscheiben in der Wies aber auch in Steingaden als besonderer Wandschmuck anzutreffen.

 

Im Jahre 1926 faßte der Verein den Beschluß, ein großes offenes Preisschießen im Gasthof Moser in der Wies auszurichten. Als Termin wurde der 30. Mai sowie der 6. und 13. Juni 1926 festgelegt. Der Einsatz sollte 4,50 Reichsmark sein, für diese Zeit ein enorm hoher Betrag (1 Maß Bier kostete damals 38 Pfennige, eine Dienstmagd verdiente im Monat 20 Reichsmark)!

 

Das Schießen wurde durch eifriges Plakatieren in der näheren und weiteren Umgebung bekanntgemacht, auch eine Ankündigung in den Schongauer Nachrichten (recht eigenartig zwischen mehreren Todesfällen plaziert) wies auf diese Veranstaltung hin.

 

Der Verein war wegen der festgelegten Termine plötzlich recht verunsichert, denn man erfuhr, daß an den gleichen Tagen eine große Zahl von Veranstaltungen in der Umgebung stattfand, wie zum Beispiel ein großes Schießen in Garmisch, ein Veteranenfest in Peiting, die Fahnenweihe des Trachtenvereins Wildsteig und andere.

 

Doch der Wettergott war den Wieser Schützen gnädig, eine gewaltige Regenzeit brach über ganz Deutschland herein und wochenlang las man nur von Unwettern im ganzen Land. Diese Tatsache, die damals alle "Freiluftveranstalter" zur Verzweiflung brachte, wurde zum Segen der "Saalveranstalter", dem Wieser Schützenverein, der eine nie erhoffte große Teilnehmerzahl an ihrem Preisschießen verzeichnen konnte.

 

So trafen sich über 60 Schützen aus Schongau, Buching, Trauchgau, Wildsteig und Steingaden neben den eigenen Schützen in den Ständen in der Wies.

In den dann folgenden Jahren bis zum Kriegsbeginn 1939 wurde der Schießbetrieb in altgewohnter Weise weitergeführt, jedoch war inzwischen bereits eine neue Generation von Schützen herangewachsen, dadurch war auch die Mitgliederzahl bis auf knapp 20 Schützen angestiegen.

 

Schießtag blieb in diesen Jahren unverändert der Sonntagnachmittag, doch wurde nun bei persönlichen Anläßen wie Hochzeiten oder Geburtstagen auch oft an anderen Tagen zusätzlich geschossen. So auch die recht bemerkenswerte Tatsache, daß am Freitag den 24. Dezember 1937, also an Heiligabend, sich 9 Schützen zu einem Gesellschaftsschießen im Gasthof Moser zusammen-fanden.

 

Auch der einzige bekannte überörtliche Erfolg eines Schützen der Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies 1 aus damaliger Zeit soll hier erwähnt werden, dieser gelang beim Gauschießen 1937 in Steingaden (damals Unterkreisschießen genannt), wo Alfred Moser sen. mit einem 0 Teiler den Titel eines Gauschützenkönigs errang.

 

Im Jahre 1939 wurde erneut durch einen Krieg das Vereinsleben des Wieser Schützenvereins jäh unterbrochen, denn wieder wurden fast alle Schützenkameraden zum Militär einberufen. Als nach der Schießsaison 1939/40 der Schießbetrieb eingestellt wurde, ahnte wohl niemand, daß diese Pause (zuerst durch die lange Dauer des Krieges, danach durch das Schießverbot der Besatzungstruppen) bis zum Jahre 1953 dauern sollte.

 

 

Zimmerstutzen-Schützengesellschaft Wies 2

 

Ebenso wie die Wirtsleute Moser im Jahre 1913, so versuchte auch Georg Schweiger, der im Jahre 1918 Susanna Hohenleitner, die Besitzerin des Gasthauses "Ladenwirt" in der Wies geheiratet hatte, durch die Gründung eines Schützenvereins den Geschäftsumsatz in seinem Lokal zu verbessern.

 

So fanden sich auch bald 5 Schützen die sich beim Ladenwirt zum regelmäßigen Schießen trafen. Gründer dieses Vereins, der sich

 

Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies 2

 

nannte war Xaver Wörle der auch zum Schützenmeister gewählt wurde, Schriftführer und Kassier wurde Benno Schnitzler aus Gogl.

 

Bis zum Jahre 1926 war dieser Verein auf 9 Mitglieder angewachsen, neben den bereits genannten, waren dies folgende Schützen: Gustl Echtler, Thomas Mößmer, Michael Hopfensberger, Martin Schnitzler, Fabian Schnitzler, Georg Hartmann und Max Geiger, der Wirt Georg Schweiger selbst war kein aktiver Schütze.

 

Zieler war Josef Lang aus Kreisten (Kreisten-Sepp).

 

Im Jahre 1927 trat der bisherige Schützenmeister Xaver Wörle wieder seinem ehemaligen Verein Wies 1 bei, daher übernahm nun Benno Schnitzler auch das Amt des Schützenmeisters.

 

Geschossen wurde bei diesem Verein jeweils an den Samstagabenden von Anfang November bis zum Josefitag am 19. März. Da nicht alle Schützen ein eigenes Gewehr besaßen, wurde vom Verein ein Zimmerstutzen der Marke Stiegele gekauft.

 

Bei den regelmäßigen Samstagabendschießen wurde immer zuerst auf Ringscheibe geschossen, danach eine Ehrenscheibe ausgeschossen und im Anschluß meist recht ausgiebig auf Bartl sein Glück versucht.

 

Der Höhepunkt der jährlichen Schießsaison war stets das Endschießen im März das etwa einem Königschießen entsprach. Dieses Schießen wurde als großes Preisschießen ausgetragen, zu dem neben den Preisen des Vereins jeder Schütze einen Sachpreis von mindestens 5 Reichsmark geben mußte. Diese Preise wurden mit nur einem Schuß auf die Ehrenscheibe ausgeschossen.

 

Der Sieger bei diesem Schießen war Gewinner der Meisterscheibe, hatte freie Auswahl bei den Sachpreisen, daneben galt er für ein Jahr als der Meisterschütze des Vereins.

 

Auch bei diesem Verein war üblich, die Bedienung auf die Ehrenscheibe mitschießen zu lassen. So ist die reizvolle Tatsache überliefert, daß dies leichtsinnigerweise auch beim Meister-Endschießen 1927 geschah. Doch zur großen Überraschung aber auch zum Ärger einiger Schützen gelang dieser dabei der beste Tiefschuß und so schnappte sie den verduzten aktiven Schützen die begehrten Meisterpreise weg.

 

Das Endschießen im März 1929 wurde zum überhaupt letzten Schießen dieses Vereins, denn während der Sommerpause 1929 wurden die Schützen ihren Wirtsleuten sowie ihrem Schießlokal untreu und kehrten im November 1929 nicht mehr zum Ladenwirt in der Wies zurück.

 

Die "Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies 2" hatte aufgehört zu bestehen.

 

 

Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Fronreiten.

 

Im Jahre 1926 hatte Josef Franz (b. Denk) in Fronreiten eine Bierwirtschaft eröffnet. Auch er war natürlich bemüht zur Umsatzsteigerung einen trinkfreudigen Verein für sein neues Lokal zu gewinnen. Doch erst im Jahre 1929 führte sein Werben zum Erfolg, am 16. November 1929 wurde in seinem Gasthaus in Fronreiten ein Schützenverein gegründet. Sicher auch dadurch unterstützt, da inzwischen Gustl Echtler (b. Scholder) aus der Wies, ein Schütze der Schützengesellschaft Wies 2 die Tochter des Fronreitener Wirts geheiratet hatte. Da alle anderen Schützen dieses Vereins in und um Fronreiten wohnten, war dies wohl der Grund, daß auch sie vollzählig dem neuen Verein in Fronreiten beitraten. Der Verein nannte sich

 

"Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Fronreiten".

 

Zum Schützenmeister wurde Benno Schnitzler aus Gogl gewählt, der ja dieses Amt auch schon beim ehemaligen Verein in der Wies bekleidete. Zum Schriftführer und Kassier wurde Fabian Schnitzler bestimmt, als Zieler stellte sich Josef Lang (Kreisten-Sepp) zur Verfügung.

 

Fabian Schnitzler versprach die Schützenscheiben zum Preis von zwei Reichsmark zu liefern, das Beschriften aller Scheiben übernahm Simpert Christa.

 

Als Schießtag wurde auch hier der Samstagabend festgelegt, als Schießhöhepunkt des Jahres soll jährlich ein großes Silvesterschießen stattfinden.

 

Zu den bisherigen 9 Schützen des Wieser Vereins fanden sich auch mehrere Jungschützen, so daß die neue Schützengesellschaft nach und nach bis auf 18 Mitglieder anwuchs. Zu den schon bekannten Namen aus der Wies kamen noch: Simpert Christa, Isidor Christa, Georg Geiger, Hans Fritz, Hans Holzmann, Rudolf Pichlmeier, Johann Pfeiffer, Thomas Häringer und Sebastian Lutz.

 

Doch nach der anfänglichen Begeisterung gingen schon ab 1931 die Teilnehmerzahlen an den Schießen laufend zurück, nicht nur wegen mangelnder Sportbegeisterung, sondern nach Überlieferung auch wegen des Einpruchs mancher Ehefrauen gegen die oft bis in den Morgen dauernden Schießabende.

 

Im Jahre 1933 wurde, nach einem kurzzeitigen Einsatz von Georg Geiger, Thomas Häringer zum neuen Schützenmeister gewählt, zum Kassier und Schriftführer wurde nun Thomas Mößmer bestimmt.

 

Doch weder die neugewählte Vorstandschaft, noch die Verlegung des Schießens auf die Sonntagnachmittage konnte dem Schießbetrieb wieder zur alten Blüte verhelfen. So fanden sich in der Schießsaison 1935/36 oft nur noch 4 oder 5 Schützen zum wöchentlichen Schießen ein, mitschuldig war sicher auch das in diesen Jahren groß in Mode gekommene Eisstockschießen, das viele Schützen an den Sonntagnachmittagen an die Seen zog.

 

Aus diesen Gründen wurde in Fronreiten im November 1936 nicht mehr mit dem Schießen begonnen, die wenigen verbliebenen aktiven Schützen traten nun über zur

 

"Zimmerstutzen-Schützen-Gesellschaft Wies"

 

so nun der endgültige Vereinsname (der Zusatz Wies 1 hatte sich ja erübrigt).

 

Ab November 1936, dem Beginn der Schießsaison waren somit endlich alle Schützen aus der ehemaligen Gemeinde Fronreiten in einem Schützenverein vereinigt.