Die Geschichte der Pfarrei Lechbruck

 

In einem Felde von Echerschwang, eine Stunde südlich von Bernbeuren, an der Abzweigung alter Verkehrswege, stand vor Zeiten eine alte Kapelle. Diese Kapelle, die dem hl. Jakobus geweiht war, wurde im Bauernkrieg 1525 völlig zerstört, nur noch Mauerreste blieben davon übrig. Diese Kapelle war in früher Zeit das einzige ortsnahe Kirchlein für den zwischenzeitlich recht groß gewordenen Ort Lechbruck gewesen. Wenn hier und nachfolgend der heutige Ortsname Lechbruck genannt wird, so sind stets die beiden ehemaligen Ortsgemeinden Lech und Lechbruck zusammen gemeint. Kirch- und Pfarrort war für die dortigen Bewohner jedoch seit unfürdenklichen Zeiten immer Bernbeuren gewesen.

 

Der ungefähre Standort der ehemaligen Jakobs-Kapelle, die ursächlicher Anlaß zur Entstehung der heutigen Pfarrei Lechbruck war, ist bekannt. Vielleicht könnten Grabungen einen Aufschluß über die genaue Lage und Größe dieser Kapelle bringen. Der überlieferte Flurname „Kapellenfeld“ für das dortige Grundstück ist heute noch der einzige direkte Bezug zu diesem Kirchlein.

 

Um die zerstörte Kapelle wiederaufbauen zu können und eventuell dort auch einen Begräbnisplatz anlegen zu können, begann Hans Adam Bösinger, bischöflicher Probst zu Füssen, im Jahre 1609 in und außerhalb der Pfarrei Bernbeuren freiwillige Beträge dafür zu sammeln. Am 7. Juni 1609 schreibt Probst Bösinger in einem Brief an den General-Vikar Zacharias Furtenbach in Augsburg unter anderem:

 

„- daß  in  der  pfarr  Bernbeyren  ein  stund  darvon  an  den  weg  uff  Füessen  zue  ein  zerstertes  kirchlein,  daran  nur  zwei  alte  wänd  und guete  indicia  der  gärten  alda  sein,  und  wie  ich  eusserlich  bericht worden, soll  bemelt  kürchlein  in honorem  divi  Jacobi  geweiht  sein-“

 

In diesem Brief ersuchte Bösinger um die Erlaubnis zur Wiederherstellung des Kirchleins, wozu er schon Geldbeträge erhalten habe. Der Verweis auf dortige „Gärten“ deutet wohl auf Gräber bei dieser Kapelle hin. Vermutlich handelte es sich dabei um Gräber von Pesttoten, da ja der Begräbnisort der Pfarrei schon seit früher Zeit immer nur Bernbeuren gewesen war.

 

Die Antwort auf diesen Brief blieb vorerst aus, trotzdem sammelte Bösinger bis zum Jahre 1611 weiter fleißig Geldbeträge für diesen Kapellenbau.

 

Als die Lechbrucker davon hörten, stellten sie im Jahre 1612 direkt an Bischof Heinrich in Augsburg die Bitte, er möge bewilligen, daß diese Kapelle mit Begräbnisplatz in dem großen, so weit von der Mutterkirche entfernten Dorfe Lechbruck errichtet und an gewissen Tagen dort auch Gottesdienst gehalten werden dürfe. Zur großen Überraschung wurde dieser Antrag sogleich bewilligt. Der Bau der Kapelle kam schon im Jahre 1616 zur Ausführung, die Anlegung eines Gottsackers aber unterblieb damals noch.

 

Da das gesammelte Geld für den Kapellenbau nicht ausreichte, wurden vom nahen Kloster Steingaden 800 Gulden ausgeliehen. Im Jahre 1628 willigte das Kloster Steingaden auch ein, daß in dieser Kapelle, welche den Titel „Maria Hilfe“ erhalten hatte, durch einen seiner Geistlichen mit Messelesen, Predigen, Beichthören und Provisuren der Kranken versehen werden durfte. In den Wirren des 30jährigen Krieges kam jedoch diese Nachbarschaftshilfe bald wieder zum Erliegen und die Lechbrucker waren für lange Zeit wieder auf Bernbeuren als Pfarrort angewiesen.

Auf heftiges Andringen der Gemeinde Lechbruck wegen bequemerer Seelsorge, kam von Bischof Johann in Augsburg im Jahre 1670 die Anordnung, der Pfarrer von Bernbeuren solle in seinem Pfarrhof in Bernbeuren, einen Kooperator für Lechbruck halten. Dieser solle an zwei Sonntagen im Monat und an allen Feiertagen, mit Ausnahme der Marienfeste und der heiligen Tage, in Lechbruck Gottesdienst halten. Für die Verpflegung des Kooperators mußte die Gemeinde Lechbruck jährlich 75 Gulden und die Pfarrkirche Bernbeuren 25 Gulden entrichten.

 

Dieses Zugeständnis genügte aber den Lechbruckern nicht, sie stellten immer größere Anforderungen und rückten gegen den Bischof im Jahre 1680 sogar mit dem Antrage heraus, es wäre zur Herstellung und Erhaltung von Ruhe und Frieden das beste Mittel, wenn Bernbeuren und Lechbruck durch Abteilung der unerhört großen und weitläufigen Pfarrei von einander abgesondert würde. Sollte dies nicht möglich sein, so möge wenigstens eine Kaplanei für Lechbruck und die Umgebung mit dem Sitze in Lechbruck verordnet werden.

 

Im Jahre 1682 entsandte man tatsächlich einen Kaplan der in Lechbruck wohnen durfte. Die Gemeinde Lechbruck erbaute im Jahre 1683 für ihn ein in der Nähe der Kapelle liegendes Haus und übernahm auch den notwendigen Unterhalt für dieses Gebäude. Vom Bistum Augsburg wurde eine Vielzahl an Anordnungen erlassen, so durfte z. B. dieser Kaplan im Ort Lechbruck nur taufen und versehen, Trauungen und Begräbnisse blieben weiterhin der Pfarrkirche in Bernbeuren vorbehalten.

 

Die Gemeinde Lechbruck mußte dem Kaplan jährlich 100 Reichstaler bezahlen und das gemachte Brennholz frei Haus liefern. Die Kirche in Lechbruck mußte 2 Schaff Roggen und 1 Schaff Korn kaufen und an ihn abliefern.

 

Die Lechbrucker drängten weiterhin auf mehr Rechte für ihren Kaplan. Am 10. Januar 1709 und dann wieder am 14. Dezember 1722 wurden deshalb Vergleiche geschlossen um die Gemeinde zu beruhigen. Nun durfte der Kaplan nahezu alle Gottesdienste in Lechbruck feiern, nur noch der Hauptgottesdienst mit Amt und Predigt am Patrozinium und an der Kirchweih war dem Bernbeurer Pfarrer vorbehalten. Alle Trauungen und Begräbnisse fanden aber weiterhin in Bernbeuren statt.

 

Da zu dem in der Kapelle befindlichen Bildnis der „Maria Hilfe“ inzwischen eine sehr starke Wallfahrtsbewegung eingesetzt hatte und der Zulauf immer größer wurde, wurde um 1720 im südlichen Teil des heutigen Friedhofs eine neue größere Kirche gebaut. Genaue Angaben über diesen Kirchenbau sind leider nicht bekannt, so bleibt es im Dunkel der Geschichte, ob die ehemalige Kapelle nur stark vergrößert oder ob damals ein neues Gotteshaus erbaut wurde.

 

Die Lechbrucker drängten weiterhin auf gänzliche Trennung von Bernbeuren und Lechbruck. Doch auch ihr Antrag vom Jahre 1730 wurde abgewiesen, ebenso wie ein weiteres Gesuch vom Jahre 1764.

 

Inzwischen hatte sich jedoch eine andere Veränderung ergeben. Am 5. Februar 1740 hatte der Steuereinnehmer Johann Georg Knappich von Neuburg, ein geborener Lechbrucker, eine große Stiftung für Lechbruck ins Leben gerufen. Neben großen Kapitalien für die Armen und für die Schule hatte er auch ein eigenes Benefizium für Lechbruck gestiftet. Damit entfielen zur Freude der Lechbrucker nun die Geld- und Sachabgaben für den Lechbrucker Kaplan. Auch das Entscheidungsrecht für die Besetzung der Kaplanstelle in Lechbruck war durch diese Stiftung an seine Familie, an die Knappichs in Lechbruck gefallen.

Im Jahre 1772 starb der Bernbeurer Pfarrer Anton Stechele. Sofort stellten die Lechbrucker wieder einen Antrag auf Trennung von Bernbeuren und Lechbruck. Doch auch dieser Antrag wurde, wie so viele vorher, wieder abgelehnt. Mit Urkunde vom 23. September 1772 wurde nun aber erlaubt, daß in Lechbruck jetzt auch Tote begraben und dort auch geheiratet werden durfte.

 

Doch die Lechbrucker waren hartnäckig und reichten schon im Jahre 1778 erneut einen Protest wegen des unbefriedigenden Zustandes ein. Endlich war ihr Bemühen von Erfolg gekrönt, mit Urkunde vom 1. August 1779 wurde die endgültige und vollständige Trennung von Bernbeuren und Lechbruck vollzogen. Gleichzeitig erhob man die Filialkirche in Lechbruck zur Pfarrkirche und ernannte den damaligen Lechbrucker Benefiziaten zum Pfarrer.

 

Die neue Pfarrei Lechbruck umfaßte alles Gebiet soweit die Weidegründe der Ortsgemeinden Lech und Lechbruck reichten, dazu wurde auch einer der drei Höfe von Steinheubl mit einbezogen. Für die anderen Einöden und Weiler, manche sogar südlich von Lechbruck gelegen, blieb trotz der riesigen Entfernung weiterhin Bernbeuren der für sie zuständige Pfarrort.