Hausgeschichte
und Besitzerfolge des Steingadener Anwesens der
Familie Max Kirchmayr, Hausname
"beim Seitz"
frühere
Hausnummer 30 1/2, jetzt Schongauerstraße 9
Seit dem Jahre 1837 war Sebastian
Sepp, von Untersöchering bei Weilheim stammend, Besitzer der sogenannten
Muselmühle an der Schongauerstraße in Steingaden, später genannt die "Strauß - Säge".
In den Jahren 1845 und 1846 wurden
den Eheleuten Sebastian und Maria Sepp zwei Töchter geboren. Vielleicht war es
der fehlende männliche Erbe, vielleicht auch das sehr gute Preisangebot,
jedenfalls ist bekannt, daß die Familie Sepp ihre Mühle und Schneidsäge im
Jahre 1847, um die gewaltige Summe von 10135 Gulden, an die Steingadener
Grafenfamilie von Dürckheim-Montmartin verkauften.
Die Familie Sepp zog nun in das
neben der Mühle liegende kleine Austragshaus, das sie vom Verkauf ausgenommen
hatten. Außerdem hatten sie insgesamt 16.66 Tagwerk Grund und ihren Waldanteil
am Schneidberg mit zu ihrem Austragshaus gezogen. Nur bescheidene 3.61 Tagwerk
Grundfläche von ihrem früheren Mühlenbesitz wurden damals mit an den Grafen von
Dürckheim-Montmartin verkauft.
Die Familie Sepp erbaute sogleich
im Jahre 1847, fertiggestellt im Jahre 1848, von ihrem guten Verkaufserlös ein
prächtiges neues Wohnhaus mit Ökonomie an der Schongauerstraße, neben ihrem
alten und sehr kleinen Austragshaus. Dort betrieb von nun an die Familie Sepp
eine kleine Landwirtschaft, die ihnen zu einem recht guten Auskommen reichte.
Auch privat stellte sich jetzt das
Familienglück ein, in den Jahren 1850 bis 1853 wurde den Eheleuten Sepp noch
drei weitere Kinder geboren, ein Mädchen und zwei Söhne, von denen einer jedoch
schon als Kind verstarb.
Im Jahre 1855 verstarb die Ehefrau
und Mutter Maria Sepp im Alter von erst 40 Jahren. Der hinterlassene Witwer
Sebastian Sepp heiratete daraufhin in zweiter Ehe Maria Catharina Weber aus Halblech.
Diese zweite Ehe blieb kinderlos.
Im Jahre 1870, Sebastian Sepp war
inzwischen 60 Jahre alt, schon einige Jahre vorher hatte er die Landwirtschaft
aufgegeben und verdiente sich seinen Unterhalt seitdem als Taglöhner, wurde das
Anwesen der Eheleute Sepp in Steingaden zwangsversteigert. Durch das Meistgebot
von 6170 Gulden wurde ein Max Güglhör aus Halblech nun neuer Besitzer des Hofes
an der Schongauerstraße.
Dieser Max Guglhör, offensichtlich
ein Immobilienspekulant, verkaufte im Jahre 1875 das Anwesen wieder weiter,
wobei er sich jedoch das alte kleine Austragshaus neben dem neuen Anwesen
vorbehielt und dieses noch bis zum Jahre 1880 selbst bewohnte.
Neuer Besitzer des Hauptbesitzes
nach dem Verkauf durch Max Güglhör wurde ein Xaver Strauß von Buching. Dieser
war königlicher Jagdgehilfe und stammte ursprünglich aus Frankenhofen bei
Kaufbeuren. Nach seiner dienstlichen Versetzung zum Forstamt Schongau zog er
jedoch schon im Jahre 1878 wieder von Steingaden fort und lebte danach in
Peiting.
Im Januar 1879 fand er endlich
einen Käufer für seinen Steingadener Besitz, doch wie meist bei solchen
Verkäufen unter Zeitdruck muß mit Verlusten gerechnet werden. Xaver Strauß
erzielte zwar noch einen Verkaufserlös von 13714 Mark, aber er hatte ja vor nur
zwei Jahren das Anwesen um 10500 Gulden erstanden. Diese Kaufsumme von 10500
Gulden entsprach, umgerechnet nach der damals erfolgten Umstellung der Währung
von Gulden in Mark, einem Betrag von 18000 Mark.
Nunmehrige neue Besitzer des Hofes
wurden durch diesen Kauf die Eheleute Michael und Katharina Lang. Auch diese
neuen Hofinhaber blieben nur für kurze Zeit in Steingaden wohnhaft, schon am 9.
Juni 1879, vertauschten sie ihren erkauften Besitz gegen ein Anwesen in
Fronreiten.
Der Tauschpartner und vorheriger
Fronreitener Hausbesitzer war der 46 Jahre alte Floßmeister, Bauer und
Sägmüller Josef Keller aus Prem, der diesen Fronreitener Hof nur als Geldanlage
erworben hatte. Josef Keller war sehr vermögend, außer seinem Heimathaus in
Prem und seinem nun vertauschten Anwesen in Fronreiten, besaß er noch weiteren
Hausbesitz. Josef Keller war von 1859 bis 1879 in Prem Bürgermeister gewesen
und zog nun auf sein eingetauschtes Haus in Steingaden. Der Hausname seines
Heimathofes in Prem lautet "beim Seitz", dieser Hausname ging nach
seinem Umzug auch auf das Steingadener Anwesen über. Noch heute ist dieser
Hausname im Sprachgebrauch der Bevölkerung üblich.
Josef Keller hat nach seinem Umzug
nach Steingaden das ehemalige alte kleine Austragshaus neben seinem neu erstandenen
Hof, dem dortigen Besitzer Max Guglhör für einen guten Preis abgehandelt, um
damit wieder einen geschlossenen Besitz zu schaffen.
Da das Ehepaar Josef und Barbara
Keller kinderlos war, adoptierten sie den aus Resle bei Steingaden stammenden
Roman Pfeiffer und stellten ihr Leben ganz auf die Ausbildung und Erziehung
ihres Adoptivsohns ein. So wohnten sie sogar über mehrere Jahre in München,
damit Roman Pfeiffer der Besuch einer Realschule möglich wurde.
Wieder aus München zurückgekehrt,
begann Josef Keller auf dem Seitzanwesen wieder eine Landwirtschaft und ließ in
den Folgejahren auch eine Vielzahl von Baumaßnahmen durchführen, so im Jahre
1893 den Bau einer Remise, im Jahre 1894 den Bau eines Heustadels und im Jahre
1901 den Bau eines weiteren größeren Stadels.
Josef Kellers Hauptleidenschaft
war der Erwerb von Waldgrundstücken, von denen er im Lauf der Jahre eine recht
ansehnliche Zahl in seinen Besitz bringen konnte. So wuchs die Gesamtgröße des
Hofes auf über 100 Tagwerk Größe an, wobei es sich dabei jedoch fast
ausschließlich um Waldflächen handelt.
Seit seiner Rückkehr nach
Steingaden hielt sich Josef Keller eine riesige Dogge um sich, aber vor allem
sein Geld zu beschützen. Als Josef Keller am 5. März 1901 in der Nacht aufstand
um seinen unruhigen Hund zurechtzuweisen, wurde er von diesem angefallen und
tödlich verletzt.
Durch Erbfolge wurde nun die Witwe
Barbara Keller Alleinbesitzerin des Seitzanwesens in Steingaden, die es später
an ihren Adoptivsohn Roman Pfeiffer übergab.
Die direkten Nachkommen des Roman
Pfeiffer, die heutige Familie Kirchmayr, leben bis heute auf diesem Anwesen,
diesen soll auch die Weiterführung dieser Hauschronik vorbehalten bleiben. Die
Begeisterung aller bisherigen Besitzer des Hofes für Wald und Holzwirtschaft
hat sich bis zum heutigen Tag erhalten und soll deshalb in dieser Hauschronik
nicht unerwähnt bleiben.
Anzumerken ist noch, daß im
Seitzanwesen seit der Zeit um 1860, ständig auch eine Vielzahl von Mietleuten
lebte.
So sind eine Familie Filser, eine
Familie Noll, eine Familie Schöll überliefert. Außerdem praktizierten früher in
diesem Haus auch die in Steingaden tätigen Ärzte. Noch bekannt ist um 1870 der
aus Roßhaupten stammende Dr. Oskar Geis, danach der aus München-Nymphenburg
stammende Dr. Ludwig Poille, der dort bis 1878 tätig war.