Die
Geschichte des Premer Anwesens „Beim
Scherrer“
Am 9. Januar
1690 trat das heutige Anwesen „Beim Scherrer“ in Prem erstmals aus dem Dunkel
der Geschichte heraus.
An diesem Tage,
so in den Matrikeln der Pfarrei Prem zu lesen, haben Melchior Amer von Prem und Ursula Bierling von
Prem in der Pfarrkirche in Steingaden den Bund der Ehe geschlossen. In späteren
Urkunden des Klosters Steingaden finden sich immer wieder Eintragungen, in
denen die Eheleute Amer als Inhaber einer Sölde in Prem genannt werden.
Ob diese Sölde
schon früher bestand, also vor dem Jahre 1690, oder erst nach diesem Jahr für
die Familie des Melchior Amer neu erbaut wurde, ist nicht feststellbar. Die
Lage dieser Sölde am äußersten Ortsrand von Prem könnte für die zweite Annahme
sprechen. Es ist bekannt, dass in den fünfzig
Jahren nach dem 30-jährigen Krieg in Prem mehrere Sölden neu entstanden
sind. Beim Vergleich von Steuerbüchern und
Urbaren aus den Jahren 1649, 1671 und 1683 ist dies auch eindeutig zu
ersehen. Hätte diese Sölde „Beim Scherrer“ schon vor 1690 bestanden, müsste die
Übergabe an einen Nachfolger auch in den Anfallbüchern des Klosters eingetragen
sein, was jedoch nicht der Fall ist.
Auch eine
Einheirat in das Elternhaus von einem der beiden Eheleute scheidet aus, da
feststeht, dass der Ehemann Melchior Amer vom heutigen Premer Anwesen
Hausnummer 36 „Beim Kruser“ stammte und diese elterliche Sölde schon im Jahre
1684 durch Blasi Amer, den älteren Bruder von Melchior Amer übernommen wurde.
Ebenso kann auch das Elternhaus der Braut nicht an die Tochter Ursula Bierling
übergeben worden sein, da dieses Anwesen von einem ihrer Brüder weiter
bewirtschaftet wurde.
Doch nun zurück
zu den Eheleuten Amer, den Inhabern der Premer Sölde “Beim Scherrer“.
Melchior Amer
wurde am 29. Dezember 1660 in Prem als zweiter Sohn der Eheleute Wolfgang und
Ursula Amer, eine geb. Schweiger, auf dem Anwesen „Beim Kruser“ geboren. Diese
hatten in Prem am 23. Mai 1653 geheiratet und dieses Anwesen im gleichen Jahr
übernommen.
Die Ehefrau
Ursula Amer, eine geb. Bierling, wurde am 8. Oktober 1661 in Prem als fünftes
von neun Kindern der Eheleute Simon Bierling und Dorothea Bierling, geb. Lohri,
geboren.
Am 24. Mai 1696
wurde den Eheleuten Melchior und Ursula Amer eine Tochter Catharina, am 15.
Juni 1699 eine Tochter Anna und am 23. Mai 1702 eine weitere Tochter, auf den
Namen Maria getauft, geboren.
Im Jahre 1733
fand auf dem Anwesen beim Scherrer ein Generationenwechsel statt. Melchior
Amer, der mit seiner Familie seit dem Jahre 1690 diese Sölde bewirtschaftet
hatte, war am 17. März 1773 im Alter von 73 Jahren in Prem verstorben.
Die
zweitgeborene Tochter Anna, 34 Jahre alt, hatte einen Bräutigam gefunden und
wollte diesen gerne heiraten. Da eine Heiratserlaubnis durch das Kloster jedoch
immer an den Besitz eines Hofes oder Hauses gebunden war, wurde sie von ihrer
Familie als Nachfolgerin für das elterliche Anwesen „Beim Scherrer“ bestimmt.
Ihr Auserwählter war Georg Dürr, der am 5. April 1696 als Sohn der Eheleute
Thomas und Ursula Dürr in Prem geboren wurde.
Nachdem das
Kloster Steingaden am 15. Juli 1733 den jungen Brautleuten das Anwesen „Beim
Scherrer“ übertragen hatte, nicht ohne vorher 8 Gulden für den Anfall
(Einstand) und den Todfall des Melchior Amer zu kassieren, konnte dann am 3. August 1733 in der Pfarrkirche in
Prem die kirchliche Trauung des Paares stattfinden.
Das Eheglück
währte jedoch nicht lange, denn tragischer Weise verstarb schon am 15. November
1733, nur 5 Monate nach der Hochzeit, der Ehemann Georg Dürr im blühenden Alter
von nur 37 Jahren.
Die noch junge
Witwe Anna Dürr, geb. Amer, heiratete daraufhin in 2. Ehe, am 3. März 1734, den
in Prem als Schneider tätigen Joseph Risemann. Joseph Risemann stammte aus
Riesen in der Pfarrei Steingaden vom dortigen stattlichen Hof „Beim Langer“.
Das Kloster Steingaden,
als oberster Grundherr, verlangte natürlich erneut eine Anfallgebühr (Einstand) für diese
Hofübernahme, nun sogar 10 Gulden, eine schwere Last für das junge Paar und das
Anwesen, da ja erst vor fünf Monaten 8 Gulden bezahlt werden mußten. Im Übergabeprotokoll
wurde vermerkt: „Mit einem Anger im Filzstrich“!
Zwischen den
Jahren 1735 und 1749 wurden dem Ehepaar Risemann 6 Kinder, 2 Buben und 4
Mädchen, geboren.
Der älteste
Sohn Gregor, geb. am 1. Juli 1735, heiratete am 16. Januar 1758 auf das Nachbaranwesen
„Beim Filzbästl“ in Prem. Seine Braut war die dortige Tochter Anna Pfeiffer,
die nach dem Tode ihres Vaters Sebastian Pfeiffer, Hoferbin geworden war.
Der
zweitgeborene Sohn Johann Thomas, geb. am 1. Dezember 1746, übernahm im Jahre
1780, nach dem Tod des Vaters Joseph Risemann, die elterliche Sölde „Beim
Scherrer“ in Prem.
JohannThomas
Risemann war nicht verheiratet. Als er am 13. November 1824, im Alter von 78
Jahren, im Haus „Beim Hoiser“ in Prem verstarb, ging das Anwesen gemäß Erbfolge
an dessen ältere Schwester Maria Risemann, geb. am 9. August 1745, über.
Diese Schwester
Maria, ja schon 79 Jahre alt und ebenfalls unverheiratet, verkaufte den
ererbten Besitz schon am 1. Dezember 1824 an ihren Vetter Joseph Anton
Risemann, geb. am 2. Oktober 1765, um den stolzen Preis von 1500 Gulden. Dieser
Vetter Joseph Anton Risemann stammte von der Linie des Gregor Risemann, die auf
dem Nachbar-Anwesen „Beim Filzbästl“ lebten.
Auch der neue
Besitzer der „Scherrersölde“ war unverheiratet und bei der Übernahme schon 60
Jahre alt.
Am 21. Oktober
1835 übergab Joseph Anton Risemann, damals 70-jährig, um 800 Gulden das Anwesen
an seinen Vetter Franz Josef Heiserer. Joseph Anton Risemann verstarb am 6.
April 1852 im gesegneten Alter von 86 ½ Jahren.
Die Mutter des
neuen Hausbesitzers Franz Josef Heiserer, mit Vornamen Kreszenz, war eine geb,
Risemann, eine Schwester von Johann Thomas Risemann dem früheren Besitzer des
Anwesens „Beim Scherrer“.
Franz Josef
Heiserer, geboren am 13. Februar 1809, von Beruf Sattler, hat am 13. Juni 1836
die Söldnerstochter Catharina Beer, geboren am 20. Januar 1805 in Trauchgau,
geheiratet.
Im Jahre 1846 hatte das Premer Anwesen „Beim Scherrer“ eine Gesamtgröße von 6,83 Tagwerk, im Jahre 1866 nach einigen Zukäufen und verschiedenen Zumessungen durch die Verteilung von Premer Viehweidegründen, eine Größe von 13.90 Tagwerk.