Chronik des Reitersauer Anwesens "beim Pilger"

 

 

Vorwort

 

Seit dem 5. Oktober 1899, also seit genau 100 Jahren, lebt und wirtschaftet die Familie Hipp, heute bereits in der 5. Generation , auf dem Pilgeranwesen in Reitersau.

 

Dieses Jubiläum war der Anlaß, die lange Geschichte der Reitersau und vor allem dieses Hofes niederzuschreiben. Zwar waren die schriftlichen Quellen aus den ganz frühen Jahren recht spärlich, so konnten aber dafür aus den letzten 500 Jahren recht viele Dokumente über die Höfe in der Reitersau gefunden werden. In diesen alten Klosterurkunden, heute in den verschiedensten Archiven und Behörden aufbewahrt, fanden sich so viele Aufzeichnungen über das Pilgeranwesen, daß es möglich war, die Hofgeschichte der letzten 400 Jahre lückenlos darzustellen.

 

Diese Hauschronik beschränkt sich auf die Grund- und Besitzverhältnisse der jeweiligen Inhaber des Pilgeranwesens. Es wäre zwar reizvoll, auch die Familiengeschichte und die sonstigen Lebensumstände der vielen bisher auf diesem Hof lebenden Personen zu beschreiben, doch wäre dazu eine sehr zeitaufwendige Suche in den alten Briefprotokollen der Jahre 1745-1862 und in den Steingadener Pfarrmatrikeln der Jahre 1648-1875 notwendig. Daher soll eine solche Ergänzung und Weiterführung dieser Chronik einem späteren Chronisten vorbehalten bleiben.

 

 

 

Die Geschichte der Reitersau

 

Im Jahre 1147

Gründung des Klosters Steingaden.

 

In der Zeit um 1150

Gründung der Rodungssiedlung Reitersau durch das Kloster Steingaden. Wie die anderen "Au-Siedlungen" in der Klosterhofmark, so besteht auch der Ort Reitersau seit der Gründung aus einem größeren und zwei kleineren Höfen.

 

Um das Jahr 1300

Zusätzlich wurde in Reitersau eine Handwerkersölde angesiedelt.

 

Im Jahre 1423

Ende der Leibeigenschaft, die Bauern in Reitersau erhalten wie alle anderen im Land, durch Reichsgesetz bessere Rechte auf ihren Höfen. Sie werden nun Pächter auf den Anwesen. Als Klosteruntertanen müssen sie jetzt hohe Abgaben, den Zehent, entrichten und außerdem umfangreiche Schararbeiten für ihre Obrigkeit leisten. Besonders belastend sind die hohen Laudemien bei Übernahme eines Hofes, der sog. Anfall oder Einstand. Auch beim Tod eines jeden Hofpächters, werden von den Hinterbliebenen nicht unbedeutende Todfallgebühren verlangt.

 

Im Jahre 1427

Erste bekannte urkundliche Erwähnung des Ortes "Reüthersaw" in einer Steingadener Klosterurkunde.

 

Im Jahre 1468

In einer weiteren Urkunde wird der Ort Reitersau genannt.

 

Im Jahre 1548

Mit den Reitersauern, den Biberschwöllern und den Bauern von Holz wird ein Vertrag über den Viehtrieb und über neue Fahrwege gemacht. Dies war wegen der veränderten Grundstücksverhältnisse nach dem in diesem Jahr erbauten "Großen Reitersauer See", dem sog. Viehweidsee, notwendig geworden.

 

Im Jahre 1554

In einer Urkunde aus diesem Jahre, wird festgehalten, daß ein Brosy Mayr seinen Hof in Reitersau wegen schlechten Wirtschaftens verlassen muß. Nach dessen Tod darf seine Witwe mit ihren drei Kindern gnadenhalber auf die Sölde in Reitersau ziehen und dort leben.

 

In den Jahren zwischen 1560 und 1590

In diesen Jahren enstanden eine Vielzahl von Verträgen über den Viehtrieb in den gemeinschaftlichen Klosterweiden. Meist mußte damals der Abt des Klosters Steingaden zwischen den streitbaren Bauern von Reitersau, Steingädele und Holz Schlichtungen vornehmen. Daneben war man auch recht oft uneinig über den Holzschlag oder über das Erstellen von Zäunen.

 

Bei den vielen Verträgen aus dieser Zeit, kommen die verschiedensten Schreibweisen des Ortsnamen Reitersau vor, wie z. B. am Reuttersau, ab dem Reuthersaw, in der Rheutersau oder auch Reuthersaue und andere. Die heutige Schreibweise Reitersau wurde erst im Jahre 1816 von Amts wegen verbindlich festgelegt.

 

 

Das Pilgeranwesen zu Klosterszeiten

 

Im Jahre 1594

Das Kloster Steingaden erstellt im Jahre 1594 ein Urbar (Abgabenbuch), in dem alle Untertanen einzeln aufgeführt sind. Ab diesem Jahr 1594 können allen Anwesen in Reitersau die Namen der jeweiligen Besitzer bis zum heutigen Tage lückenlos zugeordnet werden. Als Bauer auf dem "Pilgeranwesen" wird damals ein Bartolome Rößel genannt, sein Hof wird als ein Vürtl-Gut bezeichnet.

 

In späteren Urkunden finden sich ähnlich wie beim Ortsnamen Reitersau, auch beim Familiennamen Rößel die verschiedensten Schreibweisen, wie Resell, Reßel, Reßl, Rösl, Resl und andere.

 

Im Jahre 1635

Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), rauben die herumziehenden schwedischen Truppen im Jahre 1635 dem Bartolome Rößel in Reitersau ein Roß, ein Kalb und verschiedenes Getreide. Zusammen mit sonstigen Plünderungen entsteht dem Hof ein Schaden von 80 Gulden. Auch den Nachbarhöfen in Reitersau entstanden damals sehr hohe Verluste.

 

Im Jahre 1669

Als Bauer auf dem Anwesen wird nach dem Ableben des Bartolome Rößel, nun dessen Sohn Johann Rößel genannt. Zum Anfall mußte er an das Kloster Steingaden 10 Gulden bezahlen.

 

Im Jahre 1671

In einem Steuerbuch des Klosters Steingaden vom Jahre 1671 ist vermerkt, daß der Hof des Johann Reßl in Reitersau einen Viehbestand von 2 Roß, einem Jährling, 4 Kühen und einem Jungrind hatte. Auch ist festgehalten, man könne aus dem Hof nichts erhausen und man habe 20 Gulden Schulden bei der Kreuzbergkapelle. Übertragung des Textes der vorgenannten Urkunde vom Jahre 1671.

 

Reüttersau

1. Johann Reßl.

2. Habe ein Viertlgueth.

3. Stüftgelt 2 Gulden, 30 Kreuzer, 25 Ayr und Tagdienst.

4. Ein blosses Freystüft Gueth.

5. Anno 1669 angestanden, Cautiongelt 10 Gulden erstattet.

6. Halte es in paulichen Würden.

7. 2 Ross, 1 Jährling, 4 Khüe, 1 Junkhrindt.

8. Behelffe sich deß Herrn Güeths allein.

9. Mit aigner Persohn.

10. Die Steur erlege Er zum Hofmarch Gericht, 1Gulden, 1 Schilling.

11. Habe kein ein- wol aber außgehendt Gelt,

alß St. Colomanni Capellen ufm Creuzberg 20 Gulden Capital.

12. Von Getraidt nichts, sonsten auch dermahlen sich nichts erhausen lasse.

 

Im Jahre 1705

In einer Grundbeschreibung aus diesem Jahr wird das Anwesen in Reitersau, sowie auch alle dazugehörigen Grundstücke genau beschrieben. Der Hof wird als eine "zimbliche schlechte hilzene Behausung" bezeichnet. Übertragung des Textes der vorgenannten Urkunde vom Jahre 1705.

 

Reithersau

Hannß Resell - Hanns Georg Echtler

Hat ein zimbliche schlechte hilzene Behausung, Stadl und Stallung alles under einem Tach, darbey ein Paumb Gartten und ein Früe Gärttl, ligt gegen Aufgang, und Nidergang an Vich Waid, und Vich Gassen, Mitag und Miternacht an Martin Schwaiger.

Dises ist ein gemaines Virtl Gueth.

Zünst jährlich 2 Gulden, 30 Kreuzer, Kuchl Dienst 25 Ayr, und mueß alle Schaardienst verrichten, und über das andere Jahr ein Kalb lüffern.

 

Äckher und Egärthen

Under ein ander, und alles in ainem Strich, Aufgang Grabner Vich Waidt, Mitag Reithersauer Vich Waid, Nidergang an Vich Gassen, Mitternacht an Martin Schwaiger, halt 10 Juchert.

Weiter ein Moss Poden beym Seele halt 1 ½ Virtl, Aufgang und Mitag an Paul Lori und Martin Schwaiger, Nidergang an Seele und Paul Lori, Miternacht Geörg Pertl, Andre Miller und Geörg Schwaiger.

Item ein Krautt Gartten bey der Vich Waidt, stost umb und umb an in selber.

Khan nur 6 Haupt Vich überwinttern.

Alles in allem 11 Juchert, ½ Virtl.

 

Im Jahre 1711

Nach dem Ableben des Hanns Rößel, übernimmt am 29. Oktober 1711, dessen Sohn Joseph Rößel das Viertl-Gut am Reitersau. Der Anfall an das Kloster Steingaden betrug stolze 32 Gulden.

 

Im Jahre 1713

Nach dem frühen Ableben des Joseph Rößel, übergibt das Kloster Steingaden den Hof in Reitersau einem Joseph Echtler. Schon wieder wurden als Anfall 30 Gulden kassiert.

 

Im Jahre 1718

Der Hof erhält die Erbrechts-Gerechtigkeit durch das Kloster Steingaden. Dadurch bleiben die jeweiligen Hofbetreiber zwar weiterhin Pächter auf dem Anwesen, doch wird ihnen die Hofnachfolge innerhalb der Familie, außer bei sehr groben Verstößen, vertraglich garantiert.

 

Im Jahre 1735

Der Bauer Joseph Echtler von Reitersau kauft am 29. Juli 1735 von Joseph Lori in Lauterbach, einen 3 Tagwerk großen Wiesboden in den Lechwiesen.

 

Im Jahre 1750

Joseph Echtler übergibt den Hof in Reitersau an seinen Sohn Johann Georg Echtler. Als Anfall muß dieser 45 Gulden an das Kloster Steingaden bezahlen.

 

Im Jahre 1754

In einer erneuerten Hof- und Grundbeschreibung des Klosters Steingaden, ist der Hof in Reitersau noch immer als "zimmlich schlechte hölzene Behausung" beschrieben. Die dazugehörigen Grundstücke sind mit einer Gesamtgröße von 11 ½ Juchert (Tagwerk) angegeben, dazu kommen noch die im Jahre 1735 dazugekauften 3 Tagwerk Boden in den Lechwiesen. Auch ist vermerkt, daß er nur 6 Haupt Vich überwintern kann. Recht interessant sind die in dieser Beschreibung einzeln aufgezählten umfangreichen jährlichen Schararbeiten, die dieser Reitersauer Hofinhaber verrichten muß.

 

Übertragung des Textes der vorgenannten Urkunde vom Jahre 1754

 

Hanß Reßl jezt Hanß Georg Echtler sen. Ain Virtl Höfler

Dießer Unterthann hat auf seinem Guet vermög Recehs de anno 1718 die Erbrechts Gerechtigkeit, und ist in der Steurbeschreibung sub Nr. 10 als ein Achtel vürgetragen.

 

Grundzinß:

Davon reicht er aliährlich in gewöhnlicher Pauding Grundzinz 2 Gulden, 30 Kreuzer, dann von drey Tagmaad in denen Lech Wisen die er anno 1735 von Georg Lori zu Lautterbach erkauft 30 Kreuzer, in Summa also drey Gulden.

 

Kuchendienst:

Zum Kuchen Dienst mus er iährlich liefern 25 Ayr, und alle zwei Jahr ain Kalb, iedoch das ihme fir iedes Pfund Kalbfleisch 2 ½ Kreuzer, und fir das Haitl 6 Kreuzer von Gottshaus bezahlt werde.

 

Schaardienst:

Mus er folgende verrichten als iärlich:

acht Täg mehen, und

acht Täg rechen

zway Täg schneiden

ain Tag abklozen

ain Zimmer Fahrt, und

zway Agger Fahrten

zway Tung Fahrten, und

ain Holz Fahrt verrichten

ain Tag Pfisterholz machen

ain Tag reithen, und

ain Tag Paum hauen, dann

ain Fuder Kalchstein zum Ziglstadl führen

Weiters, und über disen Dienst mus er noch drei Täg mehen, und so lang es die Nothdurft erfordert rechen. Dafir ihme aber gleich anderen die gewöhnliche Bezahlung von Gottshaus gemacht wird. Alles nach Innhalt Recehs de anno 1718. Ferners ist er auch die Gemainds Dinst gehorsambst auszurichten schuldig.

 

Zechend:

Sowohl großen- als kleinen Zechend mus er ligen lassen.

 

Behölzung:

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Grundbeschreibung:

Hat ein zimmlich schlechte hölzene Behausung, Stadl und Stallung alles unter einem Tach, darbey ein Paum Garthen, und ein Frühe Gärtl.

Ligt gegen Aufgang, und Nidergang an Vich Waid, und Vich Gassen,

Mittag und Mitternacht an

Ägger, und Egärthen:

Besizt er alles in einem Strich unter ein and halten 10 Juchert

ligt Aufgang an Grabner Vich Waid,

Mittag Reitersauer Vich Waid,

Nidergang an die Vich Gassen,

Mitternacht --

Weiters ein Mospoden beim Seele halt 1 ½ Viertl

ligt Aufgang und Mittag,

Nidergang an Seele und

Mitternacht --

Item ein Krautgarthen bei der Vich Waid stosst um und um an ihm selber

Khan nur 6 Haubt Vich überwintern.

Summa 11 ½ Juchert

 

Gemainds Gerechtigkeit:

Diser Untethan hat alle ganzen Thaille zu Waid, und Wasser

 

Stück Ross und Vich:

Pferdt --

Kühe --

Jungrindt --

 

Aigne Stücker:

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Laudemium oder Anfahl:

Vermög Recehs de anno 1718 mus neuer Mayr dises Guths zum Anfahl bezahlen 50 Gulden, weiters mus er an den von Georg Lori von Lautterbach erkauften 3 Tagmaad Wisen in Lechwisen dem Werth habend mit 3 Kreuzer vom Gulden bestehen.

 

Im Jahre 1770

Der Staat verlangt vom Kloster Steingaden zur besseren Unterscheidung der Untertanen, daß jedem Hof ein sog. Hausname beigegeben wird. Diesem Anwesen in Reitersau wird der Hausname "beim Pilger" zugeordnet. Es ist nicht eindeutig feststellbar auf wen oder auf was sich dieser Name bezog. Es könnte sein, daß er auf einen Familiennamen zurückgeht, da in diesen Jahren in Steingaden einige Personen mit Namen Pilger lebten. Den Begriff Pilger für einen Jerusalem-Wallfahrer wie im heutigem Sprachgebrauch, benutzte man damals noch nicht, sie hießen in früherer Zeit noch Pilgrim oder auch Bilgeri.

 

Im Jahre 1795

Dem Johann Georg Echtler, folgt im Jahre 1795 als neuer Inhaber des Pilgeranwesens ein Joseph Echtler.

 

 

Das Pilgeranwesen als Eigenbesitz

 

Im Jahre 1803

Auflösung des Klosters Steingaden im Rahmen der Säkularisation. Den bisherigen Pächtern der Klosterhöfe werden diese Anwesen nun vom Staat als Eigenbesitz übertrgen. Statt der vormaligen Zehentabgaben und den Scharwerksarbeiten für das Kloster, müssen sie jetzt Steuern an den Staat bezahlen.

 

Die bisher gemeinsam benutzten klostereigenen Viehweiden werden nun ebenfalls Eigenbesitz der Bauern, sie werden jedoch nicht den Höfen als Einzelbesitz zuprotokolliert, sondern den einzelnen Ortsgemeinden als gemeinschaftliches Eigentum übertragen, die sog. Viehweidrechte.

 

Im Jahre 1806

Auch die früheren Holzrechte werden vom Staat abgelöst. Jeder Hof bekommt in Hausnähe ein oder mehrere Forstrecht-Entschädigungs-Anteile, dies sind Waldflächen von bis zu 3 Tagwerk Größe, sowie einen Holzteil am verteilten Schneidberg als Eigenbesitz zuprotokolliert. An den unverteilten Waldflächen im Trauchgauer Berg bekommt jeder Hofinhaber, ähnlich den Viehweiden, einen gleichen Anteil am Gesamtbesitz, die noch heute bestehenden Bergrechte.

 

Im Jahre 1809

Die politischen Gemeinden werden gebildet. Der Ort Reitersau wird der neuen Gemeinde Urspring zugeteilt. Bei der Durchnummerierung der Anwesen erhält das Pilgeranwesen die Hausnummer "Urspring 44".

 

Der Staat erstellt im Jahre 1809 ein Grundsteuerkataster. Jeder Hof wird nach seinem tatsächlichen Wert geschätzt und die zukünftig zu zahlende Steuer festgesetzt. Das Pilgeranwesen wird dabei mit einem Wert von 560 Gulden eingestuft.

 

Im Jahre 1816

Bald nach der Klosterauflösung beginnt der Staat das Land nach modernen Methoden neu zu vermessen und exakt abzumarken. Aus den dabei gewonnenen Daten wurden Flurkarten erstellt, die eine solche Genauigkeit haben, daß sie noch heute Grundlage aller Vermessungen sind. Das Blatt Reitersau, das im Jahre 1816 fertiggestellt wird, zeigt die recht interessante Wegeführung und Grundstückslage aus dieser frühen Zeit.

 

Im Jahre 1823

Joseph Echtler, noch immer Besitzer des Pilgeranwesens, inzwischen verwitwet, verkauft am 7. August 1823 sein Anwesen um 1736 Gulden an eine Franziska Streif von Holz.

 

Im Jahre 1825

Schon am 26. Januar 1825 verkauft Franzika Streif das Pilgeranwesen wieder. Käufer um den Preis von 1848 Gulden und somit neuer Besitzer des Hofes ist ein Adalbert Guggemoos.

 

Im Jahre 1846

Im neuerstellten Kataster des Jahres 1846 sind erstmals alle Grundstücke des Pilgeranwesens mit den neueingeführten Plannummern eingetragen.

Zum Hof gehörten folgende Grundstücke:

 

In der Gemarkung Urspring:                                             942a, 942b, 943, 970, 956, 969,

                                                                                       973, 973 ½, 968, 975, 976, 986,

                                                                                       sowie je ein Anteil an den

                                                                                       Viehweiden Nr. 1/3, 1/4, 1/5

In der Gemarkung Trauchgau:                                          888 - Rautenwiese

In der Gemarkung Fronreiten:                                          971 - Schneidbergteil

In der Gemarkung Fronreitener Forst:                              Ein Trauchberg-Bergrecht

 

Die Gesamtgröße aller Grundflächen umfasßte 29,29 Tagwerk (9,978ha)

 

Im Jahre 1850

Am 22. Juni 1850 verkaufen die Eheleute Adalbert und Therese Guggemoos das stark verschuldete Pilgeranwesen in Reitersau. Käufer sind der damalige Urspringer Bürgermeister Hieronimus Schweiger und sein Geschäftspartner Sebastian Sepp, Sägmüller aus Steingaden, späterer Bauer "beim Seitz". Sie bezahlen dem Verkäufer Guggemoos für sein Anwesen 3000 Gulden und verkaufen es noch am gleichen Tage um den Preis von 3137 Gulden weiter. In diesen Kaufsummen waren stets alle Verpflichtungen der früheren Besitzer mit enthalten. Neuer Käufer war der 46-jährige Joseph Lindauer aus Engle in der Pfarrei Rottenbuch. Dieser zog nun mit seiner Familie auf das Pilgeranwesen in Reitersau.

 

Im Jahre 1863

Am 28. Mai 1863 übergibt Joseph Lindauer das Pilgeranwesen an seine 28-jährige Tochter Creszenz Lindauer. Am 1. Juni 1863 wird durch Heirat, der 37jährige Josef Anton Resl, vom Anwesen "beim Bichler" in Bichl stammend, Mitbesitzer des Hofes. Der Wert des Hofes ist mit 4900 Gulden angegeben. Dieser Josef Anton Resl war nicht verwandt mit der früher lange Zeit auf dem Pilgeranwesen seßhaften Familie Resl.

 

Im Jahre 1865

Am 1. März 1865 wird dem Ehepaar Resl ein Sohn geboren, der auf den Namen Gottfried, getauft wird. Wegen seiner hervorragenden geistigen Veranlagung, wurde Gottfried Resl schon in jungen Jahren auf ein Priesterseminar geschickt. Am 2. August 1889 wurde er zum Priester geweiht, am 18. August 1889 feierte er in Steingaden Primiz. Nach Überlieferung soll diese Primizfeier in der Kirche von Steingaden und um den Primizbaum vor seinem Elternhaus in Reitersau, von über 4000 Personen besucht worden sein!! Gottfried Resl war später Pfarrer in Görisried, Hohenfurch, Stadl, Unterbrunn und Oberstaufen. Im Jahre 1930 ging er als Geistlicher Rat, in den wohlverdienten Ruhestand. Er verbrachte seine letzten Lebensjahre im Altersheim in Schongau, wo er nur 67-jährig, am 17. November 1932 verstarb.

 

 

Die Zertrümmerung des Pilgeranwesens

 

Im Jahre 1896

Am 21. Dezember 1896 verkauft Josef Anton Resl das Pilgeranwesen in Reitersau, mit allen dazugehörigen Besitzungen in den Steuergemeinden Fronreiten, Peiting, Prem und Trauchgau, um 11000 Goldmark an einen Ludwig Haggenmüller. Dieser war gleichzeitig auch Besitzer des sog. Stanneranwesens an der Schongauerstraße in Steingaden.

 

Im Jahre 1898

Schon nach 3 Jahren verkauft Ludwig Haggenmüller wieder seinen zusätzlichen Reitersauer Hausbesitz. Mehrere Grundstücke zog er jedoch vorher zum Stanneranwesen in Steingaden.

Am 3. November 1898 wird das restliche Pilgeranwesen, um den Preis von 8000 Goldmark, sowie 200 Goldmark für die Mobilien, Eigentum des Johann Schichtl, den Besitzer des Nachbaranwesen "beim Lipp" in Reitersau. Johann Schichtl transveriert nach diesem Kauf, fast alle Grundstücke des Pilgeranwesens, insgesamt 22,58 Tagwerk (7,693 ha), zu seinem Anwesen "beim Lipp" in Reitersau..

 

Im Jahre 1899

Am 5. Oktober 1899, legitimiert am 7. Februar 1901, verkauft Johann Schichtl den Rest des Pilgeranwesens, dies ist nur noch das Gebäude auf Plannummer 942a und der dazugehörige Garten Plannummer 942b, zusammen mit einer Größe von 0,977 ha, sowie die Viehweidrechte Urspring Nr. 1/3, 1/4, 1/5 und das Viehweidrecht Prem 1/14, um den Preis von xxxx Goldmark an Benno und Kreszenz Hipp.

 

  

Die Familie Hipp in Reitersau

 

Im Jahre 1902

Am 27. Januar 1902, mit Nachtrag vom 1. Oktober 1903, kaufen die Eheleute Hipp von den Nachfolgern des Johann Schichtl, den beiden seit dem 9. Januar 1902 neuen Hofbesitzern Knittel und Angerhofer auf dem Anwesen "beim Lipp" in Reitersau, ein 2,698 ha großes Grundstück. Diese Grundstücksfläche wurde aus verschiedenen Plannummern des Lipp-anwesens weggemessen und mit dem Grundstück Plannummer 942b des Pilgeranwesens vereinigt. Diese Plannummer 942b hat nun eine neue Gesamtgröße von 3,636 ha. Das Pilgeranwesen besitzt jetzt in der Gemarkung Urspring, Grundstücke von insgesamt 10,78 Tagwerk (3,675 ha). Am 6. März 1902 kaufen die Eheleute Hipp um xxx Goldmark die Viehweidrechte Urspring Nr. 1/3, 1/4 und 1/5 des Lippanwesens, somit besitzt der Pilgerhof nun zwei ganze Anteile an den angegebenen Rechten.

 

Hier endet die Chronik über das Pilgeranwesen in Reitersau. Die Haus- und Hofgeschichte der neueren Zeit ist der Familie Hipp selbst wohl am besten bekannt.