Dokumentation  "Konkurrenzkampf der 2 Wirte in der Wies im Jahre 1867"

 

 

Vorwort

 

Im Jahre 1867 begann wieder einmal ein neuer Abschnitt in der langen Geschichte des Anwesens "beim Wieswirts".

 

Nach rund 125 Jahren Alleinherrschaft der Gastwirtschaft in der Wies, wurde durch die Verwaltung der ehemaligen Landgemeinde Fronreiten, der Besitzerin der Krämerei in der Wies, im Volksmund "Lädele" genannt, die Konzession zum Ausschank von Kaffee an hohen Wies-Feiertagen erteilt.

 

Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich daraus die noch heute bestehende Gasthauskonzession für diese zweite Wirtschaft in der Wies.

 

Die Originalunterlagen dieses sehr umfangreichen Schriftverkehrs, der zwischen der Antragstellerin Kreszentia Hohenleitner, der Wieswirtin Amalie Pfeiffer, der ehemaligen Landgemeinde Fronreiten, sowie dem früheren Bezirksamt Schongau wegen diesem Kaffeeausschank geführt wurde, sind vollständig erhalten geblieben und werden heute im Staatsarchiv München aufbewahrt.

 

Da die seinerzeit vorgebrachten Argumente und Gegenargumente auch nach rund 125 Jahren eine gewisse Aktualität nicht verleugnen lassen, außerdem auch recht wertvolle heimatgeschichtliche Details enthalten, aber nicht zuletzt auch wegen den reizvollen gegenseitigen persönlichen Sticheleien der damaligen Konkurrentinnen, habe ich diesen historischen "Wies-Streitfall" aus dem Jahre 1867 in der nachfolgenden Dokumentation zusammengefaßt.

 

 

 

Zur Vorgeschichte

 

Schon in der Zeit um 1738, also zu Beginn der Wallfahrt in die Wies, dürften auch die Anfänge der Gastwirtschaft in der Wies liegen.

 

Durch das Kloster Steingaden wurde damals an den Wiesbauern Johann Martin Lori und an seine Ehefrau Maria, eine "Wirtsgerechtsame" (Konzession) zum Betrieb einer Gaststätte vergeben. Daneben wurde ihnen auch die Bäckerei-, Metzgerei- und die Krämergerechtsame erteilt.

 

Da aller Grund und Boden rund um den Hof und um die spätere Wieskirche geschlossener Besitz der dort ansäßigen Familie Lori war, waren sie dort absolute "Alleinherscher" und jede Konkurrenz von vorneherein ausgeschlossen.

 

Im angrenzenden Weiler Litzau, ebenso wie in Schwarzenbach, hatte sich zwar ebenfalls je ein Krämer angesiedelt, deren Geschäfte blieben jedoch auf den Verkauf an vorbeikommende Wallfahrer beschränkt.

 

Dieser paradiesische Geschäftbetrieb beim "Wieswirt" ging durch die Säkularisation im Jahre 1803 und der danach fast völlig zum Erliegen gekommenen Wallfahrt in die Wies, jä zu Ende.

 

Durch den nun fehlenden geschäftlichen Umsatz verschuldeten sich die Wirtsnachfolger der Lori, die damalige Wirtsfamilie Hohenleitner, in den Jahren 1804 bis 1808 so stark, daß der Gesamtbesitz "Wies" im Jahre 1808 zwangsversteigert werden mußte. Da ein Gesamtkäufer nicht gefunden werden konnte, wurde der Besitz "Wies" bei dieser Versteigerung völlig zertrümmert.

 

Nur etwa ein Viertel des Grundbesitzes verblieb bei der Gastwirtschaft, die nachfogend wieder vom neuen Besitzer Joseph Schmid, als Bauer und Wirt weiterbetrieben wurde. Aus dem Rest des Grundbesitzes wurden mehrere Teile gebildet und an neue Besitzer verkauft. Aus diesen Teilen entstanden die heutigen Bauernanwesen "beim Schleich", "beim Fünfer" und "beim Scholder".

 

Die Krämerei neben der Kirche, das sogenannte "Lädele", mit der darauf bestehenden Krämerkonzession, wurde bei der Versteigerung den Kindern des vergandteten Wieswirts Hohenleitner als Wohnung überlassen. Die Nachkommen der Familie Hohenleitner, heute Schweiger, leben noch heute auf diesem Anwesen.

 

Die Bäckerei- und die Metzgerei-Konzession war auf der Wieswirtschaft verblieben, hatte aber nach der damaligen Abtrennung des früheren Bäckereigebäudes, dem später abgebrannten alten Anwesen "beim Schleich" keine Bedeutung mehr.

 

 

Zum Sachverhalt

 

Im Jahre 1867 stellte nun die damalige "Lädele-Besitzerin", die Witwe Kreszenz Hohenleitner, an die Landgemeinde Fronreiten den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Ausschank von Kaffee in ihrer Krämerei.

 

Die Gemeindeverwaltung gab dies den Bewohnern in der Gemeinde durch Aushang bekannt und wie zu erwarten war, erhob die damalige "Wieswirtin" Amalie Pfeiffer dagegen unverzüglich Einspruch.

 

Daraufhin wurde durch die Gemeinde Fronreiten, ebenso wie vom zuständigen Bezirksamt Schongau der Antrag der Kreszenz Hohenleitner abgelehnt.

 

Nach erneuter persönlicher Rücksprache mit dem damaligen Bürgermeister der Landgemeinde Fronreiten, dem Besitzer der Schlögelmühle Roman Zeller, entschied dieser recht salamonisch, daß Kreszenz Hohenleitner an den 8 hohen Feiertagen in der Wies, in Ihrer Behausung Kaffee ausschenken durfte.

 

Aus dieser Genehmigung entwickelte sich sehr bald der von der Wieswirtin Amalie Pfeiffer befürchtete volle Gaststättenbetrieb.

 

Alle Einzelheiten dieser "Streitsache" können aus den nachfolgenden buchstabengetreuen Abschriften dieser Dokumente ersehen werden.

 

 

Die Familien Pfeiffer und Hohenleitner

 

Familie Pfeiffer

Die Wirtsfamilie Pfeiffer kam schon im Jahre 1819 auf das Anwesen "beim Wieswirt".

 

In diesem Jahre kaufte ein Peter Paul Pfeiffer, er war zuvor Baumeister im Fohlenhof Steingaden gewesen, aus Resle stammend, die Wieswirtschaft.

 

Im Jahre 1849 verkaufte er das Anwesen an seinen Sohn Joseph Anton Pfeiffer. Nach seinem frühen Tod im Jahre 1862 führte dessen Witwe Amalie Pfeiffer, eine geb. Wörmann aus Scildschwaig, die Wirtschaft weiter.

 

Im Jahre 1884 endete die Ära Pfeiffer auf dem Anwesen "beim Wieswirt", nachdem nach einer erfolgten Zwangsversteigerung dort ein neuer Besitzer die Gastwirtschaft weiter betrieb.

 

Die spätere Besitzerfamilie Pfeiffer (1907-1912),stammte aus Litzau "beim Hansthoma" und war nicht mit der früheren Besitzerfamilie Pfeiffer verwndt.

 

Familie Hohenleitner

Durch Heirat einer Tochter des Wieswirtsgründers, einer Dominika Lori kam im Jahre 1765 ein Johann Paul Hohenleitner, der aus einer Händlerfamilie aus Oberammergau stammte, auf das Anwesen "beim Wieswirt".

 

Wie schon beschrieben wechselte diese Familie im Jahre 1808 auf das "Lädele" in der Wies. Die genannte Kreszenz Hohenleitner kam durch Heirat auf das "Lädele" und war seit dem Jahre 1858 Witwe.

 

 

Dokument 1

 

An die Wohllöbliche Gemeindeverwaltung Fronreiten

Gehorsames Gesuch der Kresz. Hohenleitner, (Wittwe)

Genehmigung zu einer Kaffe Schenke betreffd.

Wies am 29. März 1867

 

Verehrliche Gemeindeverwaltung!

Ich Ende Unterzeichneter wage die gehorsame Bitte um gütige Verleihung resp. Genehmigung, zur Ausübung des Gewerbes einer Kaffe-Schenke nach Wies in meiner Behausung, Hs.Nr. 15 u. für meine Persohn, u. zwar aus folgenden Gründen:

 

1.) Wie verehrliche Gemeindeverwaltung weiß bin ich seit mehreren Jahren Wittwe u. habe Niemanden an meiner Seite der für meine Existenz Sorge trägt, u. bin dießhalb ganz auf mich selbst angewiesen welches in gegenwärtigen Zeitverhältnissen, u. für eine Wittwe, gewiß eine schwere Aufgabe genannt werden dürfte.

 

Habe ich auch das wirdige Gewerbe eines Wallfahrts-Krämers inne, so wird verehrliche Gemeindeverwaltung gewieß nicht behaupten wollen: das dieß Geschäft als ausreichend zum Unterhalt meiner häuslichen Bedürfnisse sowohl, als der Bestreitung von Steuer- u. andern Abgaben ec. zu bezeichnen sey - wenn man erwägt:

 

a) das fragl. Krämerei sich eigentlich nur auf den geringfügigen Verschleiß von Bildchen, Rosenkränze u. andern kleinlichen Wallfahrtsgegenständen sich beschränkt;

 

b.) das dieser, selbst kleinliche, Verschleiß - durch die vielen herumziehenden Handelsgewerben - Hausirhandel - mit ebenfallsderley Gegenstände, recht sehr beeinträchtigt wird; - u. die Leute hiedurch schon in ihren Behausungen bedint werden.

 

2.) Habe ich auch das Recht: Zuker u. Kaffe in Natura zu verkaufen - so kann dieser doch nicht als ein nahmhafter Ertrag zu meiner Existenz betrachtet werden - da es nicht denkbar ist: das Wallfahrer derley Dinge bey mir einkaufen um sie mit sich herumzuschleppen - da sie es kier nicht kochen u. mithin nicht genisen können; die Einwohnerzahl von Wies - welche in 3 - 4 häuslichen Familien besteht - gewieß auch ausser Betracht ist für einen ergiebigen Absatz.

 

Ohne auf weitere Details meines sonstigen Nicht - Einkommens eingehen zu wollen dürfte diese kurze Anregung ex genügen um die gehorsame Bitte zu rechtfertigen:

 

mir eine weitere Gewerbs - Ausübung gütigst gestatten zu wollen, d. h. eigentlich: meine jehweilige Gerechtsame - in Betreff von Absatz in Zucker u. Kaffe zu erweitern. Dieses könnte wohl auf keine bessere, u. ergiebigere Weise geschehen - als eben mit Verleihung der Conzession zur Ausübung einer Kaffe-Schenke, d. h. wenn ich meinen Zucker u. Kaffe - in gekochtem Zustande an die vielen Wallfahrer u. s. w. verabreichen dürfte.

 

3.) Die vereehrliche Gemeindeverwaltung hat gewieß schon den hundertfälltigen Ruf, resp. Verlangen, nach einer Labungsanstalt, in größeren Umfange, im Orte Wies - von Wallfahreren sowohl, als den Pfarr- u. Gemeindgliedern Fronreutens vernohmen, u. ich erlaube mir hiemit nur ins Gedächtniß zu rufen: daß man früher von Sachverständigen hörte die Wallfahrtskirche Wies - fasse 4 - 5000 Menschen.

 

Nun gebe ich zu erwägen: ob nicht diese Kirche an Festtagen - ja oft an dessen Vorabenden, schon gefüllt erschien - woraus sich oberflächlich der Schluß folgen läßt. das 3 - 4000 Menschen sich im Orte Wies angesammelt haben.

 

Ich frage nun gehorsamm an: Kann es Möglich erscheinen, das eine solche Menschenmasse aus dem - einzig - hierbestehenden Wirtshause, d. h. Restauration, die ihr erwünschte, ja beöthigte, warmen Labung - zu erhalten vermöge?

 

Die bezügliche Antwort hierauf, ist leicht, u. jedem Laien ersichtlich u. begreiflich: das dieß - auch mit dem besten Willen der einzig bestehenden Restauration in Wies - rein unmöglich ist.

 

Mann möchte mir etwa einwenden: "Es hat’s früher immer auch getahn!" allein, diese Entgegnung dürfte ich geradezu eine - lakanische nennen.

 

"Früher" gab es Zeiten, in welchen die gemeinen Leute, die Wallfahrer sowohl, als die in der Nachbarschaft wohnenden, u. jetz ? jetz will die meiste Bevölkerung ec. geradezu - Kaffe als Früstük.

 

Man ist nun einmal an dieses edle, aromatische, Körper u. Geist erwärmendes u. stärkendes Getränk gewöhnt; und man entbehrt es um so härter auf - Reisen, u. im nüchtern Zustande, in welchem, in der Regel - die Wallfahrts-Orts-Besucher, zur Verrichtung ex der Bußsakramente hieher kommen.

 

Sollte also, in dieser Richtung, den Zeitverhältnissen nicht Rechnung getragen werden dürfen, da man sonst, fast in jeder Beziehung, eifrigst bemüht ist: dem Publikum es möglichst - bequem zu machen?

 

Bequem, der Gesundheit zuträglich, kann mann es aber bestimmt nich nennen, wenn Leute Stunden ja Tage weit herreisen ihre Beicht u. Comunion-Andachten verrichtet welches oft bis 12 od. 1 Uhr Nachmittags andauert u. dann wieder Stunden weit im nüchteren Zustande weitern pilgern müssen.

 

Ich sage "Müssen":

 

Oder will man den Pilgern zumuthen: sie sollen in nüchtern Magen Bier einschlierfen! Das erträgt nicht jede Natur, will sich nicht jeder dazu bequemen, namthl. nicht das weibliche Geschlecht. Will man annehmen: jeder bequeme sich, ja könne sich, bey einem Menschen-Andrang an Festtagen ex von 2 - 4000 od. Mehr, sich im Wirthshause zu Wies, allwo sich eine etwa 1½ Fuß breite Thüröffnung in die Speise-Restauration hinzu - hindurch zu zwängen, durch zu hadern u. raufen, um allda etwa eine kleine Fleischportion ec. zu erhaschen?

 

Von einem Erlangen eines Kaffes kann wohl umsoweniger Rede sein, da das Aufstellen von Kaffe-Geschirr ec. od. in stehender Richtung unter dem Menschengewühle reine Unmöglichkeit vorherrscht.

 

Ich trette der Wirthschaft zu Wies ganz u. gar nicht nahe; aber es dürfte handgreiflich sein: das dem Verlangen nach Kaffe - am allerwenigsten entsprochen werden kann.

 

Es bleibt ferners: zu erwägen: das die Situation von Wies eine derartige ist: das auf Stunden weit entfernt - keine andere Gastwirthschaft liegt, um sich etwa auf den Genuß, in nächster Nähe, von warmen Speisen; einer Suppe, eines Kaffes vertrösten zu können.

 

Weiteres habe ich zu erwägen: daß viele Leute den Glauben haben: sie müssen in einem Wirthshause geradezu Bier trinken, wenigst: man sage anders nicht "werth".

 

Nicht jedes Individium mag aber dieses Getränk; es möchte Etwas Warmes - Kaffe, und an einem Platz - an welchem es nicht den aromatischen Geruch des Bieres sowohl als der "lästigen Biersäufer" untermengt sein möchte.

 

Allen diesen Verangen u. Wünschen dürfte in meiner Behausung entsprochen werden können. Ich besitze eine Lokalität nächst der Kirche selbst, welche in die 20 Fuß Länge hat; reichete diese nicht aus, so kann ich weitere Zimmer zum unbehelligten, ausschließlich dem Kaffegenusse, gewiedmete, darbiethen; ja, was in ausserordentlichen Fällen - noch Mehr ist: hätte ich mit meinem Sohn Xaver das Übereinkommen getroffen: Leute in sein , an meines gränzende Haus, aushilfsweise, unterbringen zu dürfen.

 

Weiteres, ist der verehrlichen Verwaltung auch bekannt: das mein Haus, wie obengerügt, in unmittelbarer Nähe der Kirche und daher jedes Individium, das durch die weite Hieher-Reise, als in Folge des oft so langen Nüchternbleibens - Müssens erschöpft, oder durch Üblichkeiten ec. - welches in Wallfahrtskirchen so oft vorkommt - umfällt, u. mit einer Stärkenden Kaffe neu belebt werden könne, welches bey der weiten Entlegenheit des Wirthshauses geradezu Unmöglich wird.

 

Die ec. Verwaltung weiß: das nicht nur Wallfahrer, sondern unsere Gemeindeglieder selbst, so oft den Wunsch dringenst äußerten: "wenn nur in nächster Nähe der Kirche eine Kaffeschenke wäre, um nach verrichteter Comunionandacht die man oft bis zu 12 Uhr Mittags aufzuschieben genöthigt ist - sich labeb zu können, um nicht zu solcher Zeit nüchtern nach Hause kehren zu müssen; da man ins Wirthshaus nicht will, u. auch dortselbst lange, oder gar nichts mehr Entsprechendes erhalten könne.

 

In Anbetracht nun: das es in meinem eigenen Interesse, zur Aufrechterhaltung meiner Existenz sowohl, als der Bequemlichkeit des pilgernden Publikums liege wenn den Zeitverhältnissen, u. Umständen Rechnung getragen würde; u. in Anbetracht: das der bestehenden Wirthschaft, durch Errichtung einer Kaffeschenke kein wesentlicher Nachtheil erwachsen kann - da viele Leute doch ungelabt fortwandern müssen; ferner: einer Entsittlichung - durch Verabreichung nichtberauschender Getränke - kein Spielraum gebothen wird -

 

dürfte meine wiederholte Bitte um Verleihung resp. Genehmigung einer Kaffeschenke als gerechtfertigt erscheinen, u. ohne Anstand bewilligt werden.

Achtungsvollst! beharret Der Verehrlichen Gemeindeverwaltung!

 

gehorsame:

Kreszens Hohenleitner

Krämers-Wittwe

HsNro 15

 

 

Dokument 2

 

Bekanntmachung

 

Es erschien unterm Heutigen

Kreszenz Hohenleitner, Krämers-

Wittwe von Wies und stellt das

Gesuch um Verleihung einer Kaffee-

schenke nach Wies.

 

Es wird dieses mit dem Bemerken

bekannt gegeben, daß Erinnerungen

und Mitbewerbungen innerhalb 14

Tagen von Heute an bei Ver-

meidung des Ausschlusses anzu-

bringen sind.

 

Frohnreuten, d. 31. März 1867

angeheftet den 31. März 1867

abzunehmen den 14. April 1867

Zeller Vorsteher

Geigenthaler, Gemeindeschreiber

 

 

Dokument 2

 

Hochlöbliche Gemeinde Verwaltung Frohnreuten

 

Errinnerungs Abgabe der Wirthswittwe Amalie Pfeiffer von Wies

gegen

das Gesuch der Kreszenz Hohenleitner, Kramerswittwe von Wies um Verleihung einer Kaffeeschenke nach Wies betr.

 

Die gehorsamst Unterzeichnete erlaubt sich andurch einer hochlöblichen Gemeinde Verwaltung gegen das Gesuch der Krämerswittwe Kreszenz Hohenleitner nachstehendes in Erinnerung zu bringen:

 

1.) Die Wittwe Kreszenz Hohenleitner übt schon seit Jahren die Krämerei in Wies aus und hat für sich u. ihre Familie immer hinreichenden Nahrungsbeistand gefunden.

 

Warum sollte ihr dieser Erwerbszweig für jetzt nicht mehr hinreichend sein, da sie sich nur alleine zu sorgen hat, zumal ihre Kinder sämtl. großgewachsen sind und ihren Unterhalt selbst zu suchen wissen.

 

Ist vielleicht der Absatz ihrer Waren mit der Zeit ein unbedeutender geworden? Ich glaube nichts detto weniger. Im Gegentheile, es wäre sehr erwünscht, wenn man nur mit den nothwendigsten Artikeln, die man auf dem Lande gewöhnlich braucht, versehen wäre! so aber kann man in der Krämerei zu Wies wohl nach Allem fragen, doch nicht Alles haben. Wenn ich so recht die Sache ins Licht stelle (dürfte es nicht unpassend sein, wenn ich das echt deutsche Spichwort eiti :

 

"Schuster bleib bei deinen Leisten"

 

doch will ich auch der Krämerei zu Wies keineswegs zu nahe treten und

 

2.) die örtlichen Verhältnisse bemühen.

 

Wies ist in jeder Hinsicht ein abgelegener Ort, ein Ort, der sich auch zu einer gesellschaftl. Unterhaltung weniger eignet. Die Bewohner geben ebenfalls keinen Ausschlag, indem nur 4 Familien darin wohnen und eine KaffeeSchenke zu der bereits bestehenden Wirthschaft wäre überflüssig. Zwar streift sich die Gesuchstellerin auf die vielen Wallfahrer, die zu verschiedenen Festen schaarenweise dorthin strömen u. gibt an, die vielen Leute seien im Gasthause nicht mehr zum unterbringen.

 

Ich aber sage:

 

3.) Diejenigen Gäste, welche in der Behausung d. Kramerswittwe untergebracht werden können, haben sämtl. in meiner Behausung noch Platz; wenn alle meine Lokalitäten voll von Gästen überfüllt sind. Im Falle, daß Mancher zufolgedes Nüchternseins in der Kirche erkranken, so können solche auch in mein Gasthaus transportiert werden, die man in drei Minuten gemüthlich von der Kirche aus herkommen kann.

 

Ferners sind mir alle Gäste willkommen und wird sich von denselben auch keiner beklagen über Knieslichkeit, Bedienung ex, da diese und dergleichen Eigenschaften in meiner Behausung maßgreifend sind.

 

Hochlöblicher Gemeinde-Verwaltung wird ferners bekannt sein, daß ich schon seit Jahren von der Krämerswittwe durch Bierschenke ec. trotz einmaliger gerichtl. Bestrafung, beeinträchtigt wurde und es ist auch zu befürchten, daß bei Ertheilung einer Kaffeeschenke dieser Unfug noch fortbestehen werde.

 

In meiner Lage als Wittwe mit 3 Kindern, - in Erwägung, daß mein Haus vor mehreren Jahren abbrante und demzufolge große Zahlungen darauf haften, erlaube ich hieran die Bitte zu reichen:

 

"Geehrte Gemeinde-Verwaltung wolle das Gesuch d. Kreszenz Hohenleitner um Verleihung einer Kaffeeschenke für abschlägig bescheiden", womit sich gehorsamst unterzeichnet

 

Amalie Pfeiffer

Wies, d. 9. April 1867

 

 

Dokument 3

 

Beschluß

der Gemeinde Verwaltung

 

Indem es die Gemeinde Verwaltung

nicht für nothwendig findet, daß zu Wies

bei der bestehenden Wirthschaft eine Kaffee-

schenke ertheilt werden soll, so beschließt

unterm Heutigen die Verwaltung, vor-

stehendes Gesuch sei abzuweisen.

 

Frohnreuten, d. 14.April 1867

(Siegel)

Zeller, Vorsteher

Echtler G. Pfleger

Georg Franz

Joseph Ant. Wörle

Gregor Lory

 

so 15. April 1867

II 5170

per Prot. an das k. Bezirksamt

Schongau nebst Erinnerungsabgabe

der Wirthswitwe Amalie Pfeiffer

zur Beschlußfassung

 

Zeller Vorsteher

 

 

Dokument 4

 

P. S. adv: 5170

Beschluß ad acta.

 

Das vorliegende Kaffeeschanks-Konzessions-

Gesuch der Kramerswitwe Kreszenz

Hohenleitner von der Wies d. d. 29./31.

März dJ. wird von Distrikts- u. Gewerbs-

polizeiddd gemäß § 25 der Gewerbs-

ordnung vom 21. April 1862 in der Er-

wägung abzuweisen, als zur Verleihung

einer solchen Konzession ein lokales Be-

dürfniß nicht besteht.

 

P.P. mit Akt gegen Wiedereinsendung

an den Vorsteher von Fronreiten

zur Eröffnung vorstehenden Beschlußes an

Kreszenz Hohenleitner nach § 51 u. 52

der Gewerbeordnung unter Beschluß des

14 tägigen Rekursrechtes zur kgl. Regierung

 

Beschlossen den 16. April 1867

Kgl. Bezirksamt Schongau

 

(Siegel) Leistler Schott

 

Kostenaufstellung zu 1 Gulden , 31 ½ Kreuzer

 

 

Dokument 5

 

Frohnreuten, d. 25. April 1867

per ex

II 5508

 

Eröffnungs Protokoll.

In Gegenwart des Gemeinde Vorstehers Zeller

§ 78, 79 u. 80

Akt: 5508

Vorleufig ordnet

Sig den 27. April 1867

Echtler Spartik

 

Nach gefaßtem Beschluß des k. Bezirksamts Schongau vom 16. d. Mts. (das Gesuch um Verleihung einer Kaffeeschenke nach Wies, der Kreszenz Hohenleitner v. dort betr.) wurde die Genannte zum Gemeinde Vorsteher vorgeladen. Da dieselbe wegen Krankheits Umständen verhindert ist, so erscheint unterm Heutigen deren Sohn Xaver Hohenleitner.

 

Es wurde ihm der Beschluß des k. Bezirksamts vom 16. d. Mts. ebenso der Beschluß der Gemeinde verwaltung vom 14. April laut welchem das Gesuch der Kreszenz Hohenleitner um Verleihung einer Kaffeeschenke abgewiesen wurde, mitgeteilt.

 

Demselben wurde auch über das Recht der Berufung welches ihm innerhalb 14 Tagen zusteht, verständigt.

 

Solches bestätigt durch Unterschrift:

Xaver Hohenleitner

 

sa Prot. an das königl. Bezirksamt Schongau, samt Beilagen.

 

Der Gemeinde Vorsteher

(Siegel)

Roman Zeller

 

 

Dokument 6

 

Frohnreuten, den 13. Juni 1867

pr 14. Juni 1867

7205 II

Vorläufig zu der Vorablage

den 18. Juni 67

 

Königliches Bezirksamt Schongau!

Echtler

 

Eine zu errichtende Kaffeeschenke in der Wies betr.

 

Einer mündlichen Besprechung vom 11. d. zufolge, in Betreff einer zu errichenden Kaffeeschenke in Wies der Krämers Witwe Kreszenz Hohenleitner, sieht sich Unterzeichneter veranlaßt, die Hauptfeste des dortigen Wallfahrtsortes genau zu bezeichnen und zwar sind selbe:

 

1.) der schmerzhafte Freitag

2.) das Josephus-Fest

3.) der Ostermontag

4.) der Pfingstmontag

5.) das Jakobi Fest

6.) das Titular Fest

7.) das Schutzengel-Fest

 

Da an diesen 7 bezeichneten festen doch eine große Anzahl von Wallfahrern nach Wies kommen, so gebe ich zu, daß an den genannten Tagen der dortigen Wirthschaft kein Nachtheil erwächst, wenn daselbst in der Behausung der Krämerswittwe Kreszenz Hohenleitner, Kaffee verabreicht wird.

 

Zur Bier und Speise Verabreichung an diesen Tagen und zur Kaffeeschenke außer genannten Tagen ist keine Nothwendigkeit vorhanden.

 

Einem königlichen Bezirksamte gehorsamster

Zeller Vorsteher

(Siegel)